„Liverpool Street“ von Anne C. Voorhoeve

Zeit für das nächste Bullenbuch: „Liverpool Street“ von Anne C. Voorhoeve, die 2007 den Preis erhielt. In ihrem Buch beschreibt sie die Flucht von Franziska Mangold, genannt Ziska. Das zehnjährige Mädchen wächst als protestantisch erzogenes jüdisches Mädchen auf und kommt 1938 in eine orthodox-jüdische Londoner Familie. Ihre eigene Familie muss sie zurücklassen. Und obwohl sie weiß, dass ihre Eltern sie nach England schicken, um sie zu retten, kann sie den Schmerz nicht ertragen, von ihnen fortgeschickt zu werden.

Ziska hat Glück mit ihrer Familie, denn ihre Gastmutter Amanda kümmert sich mit großer Liebe um sie, sodass eine Mutter-Tochter-Beziehung entstehen kann. Aber genau das stürzt Ziska in große Gewissenskonflikte ihrer eigenen Mutter gegenüber. Sie versucht verzweifelt, alle nötigen Papiere und Arbeit für ihre Eltern in London zu finden. Doch gerade als alles geklärt zu sein scheint, bricht der zweite Weltkrieg aus und Ziska gerät selber unter Verdacht. Der Titel „Liverpool Street“ basiert auf der Tatsache, dass an diesem Bahnhof tatsächlich die jüdischen Kindern aus Deutschland ankamen. Anne C. Voorhoeve hat Hedy Epstein als Zeitzeugin für ihren Roman als Quelle genutzt. Entwurzelung, Identitätsverlust, Verlust der Eltern, der Freunde und der Heimat. Das Buch hat mich sehr berührt. Ziskas Kampf um Identität ist so herzzerreißend: Deutsche oder Engländerin, Jüdin oder Christin, Mamu oder Mum? Die Perspektive von Ziska und ihren Schicksal bringen wieder neue Aspekte der Nazizeit zum Vorschein und ist eine echte Bereicherung des Bücherregals. Zudem ist dieser Entwicklungsroman ein echter Pageturner, und das nicht nur für Kinder ab 12 Jahren. Typisch für die Bullenbücher: Sie alle sind eben nicht nur Jugendbücher, sondern für jedes Alter geeignet.

Einen schönen Sonntag wünscht Euch Tanja vom Team Schwarz auf Weiß