„Die Inkommensurablen“ von Raphaela Edelbauer

Das Buch in einem Satz: Pferdeknecht Hans, Adelsspross Adam und angehende Mathematikerin Klara erleben die letzte Nacht vor der Mobilmachung des Ersten Weltkrieges.

Lesenswert, weil es ein wirklich gut gemachtes Stimmungsbild der alten und der jüngeren Generation kurz vor dem 1. Weltkrieg ist.

Für alle, die „Die Welt von gestern“ von Stefan Zweig mögen und die Zeit in Wien, wie es sie nach dem 1. Weltkrieg nicht mehr gab, in nur einer Nacht kennenlernen möchten.

Die Welt passt nicht mehr. Diesen Gedanken hatte ich mehrfach beim Lesen. So, wie es jetzt am Vorabend des Ersten Weltkrieges ist, kann und wird es nicht bleiben.

Es geht um drei junge Menschen, die aus völlig verschiedenen Gesellschaftsschichten in Wien zusammenkommen (also eigentlich inkommensurabel sind): Pferdeknecht Hans ist zum ersten Mal in Wien und allein vom Trubel der Großstadt schier überwältigt. Adam soll als adliger Sohn in die militärischen Fußstapfen seiner Familie treten. Er hat aber gar kein Verlangen danach, sich an der Front erschießen zu lassen für eine Welt, deren Werte er nicht vertritt. Klara möchte als eine der ersten Frauen an der Universität von Wien in Mathematik promovieren. Sie hat ihre ärmliche Herkunft überwunden, doch der Weltkrieg droht, ihre Pläne zu durchkreuzen.

Die drei streifen am Vorabend des Ersten Weltkrieges durch die Stadt und nehmen an einer (irrsinnig gut geschriebenen) Debatte der alten Generation über den Krieg teil, den diese rückwärtsgewandt glorifiziert, aber selbst nicht daran teilnehmen wird. Sie ziehen hinaus ins Viertel der Ärmsten der Armen und enden in einer Drogenhöhle, wo sie sich dann dem allmächtigen Krieg stellen müssen, der die ganze Welt in Flammen setzen und für immer verändern wird.

Allein beim Schreiben merke ich, was die Autorin alles in nur 350 Seiten hineingeschrieben hat. Das Thema der Psychoanalyse war zudem ein spannendes Gedankenspiel, wobei für mich persönlich die Schilderungen der Stadt und der Menschen die Qualität des Romans ausgemacht haben. Allein die Ankunft von Hans am Bahnhof ist großartig und authentisch geschildert.

Eure Anja vom Team Schwarz auf Weiß