„Der Schlafwagendiener“ von Suzette Mayr

Das Buch in einem Satz: Um sein Zahnmedizinstudium zu finanzieren, erträgt Baxter 1929 das Nichtleben eines Schlafwagendieners im Zug.

Lesenswert, weil man überhaupt nichts von der Welt der Schlafwagendiener weiß – diese jedoch die Geheimisse aller Reisenden kennen.

Für alle, die das Szenario einer geschlossenen Presonengruppe mögen – Agatha Christie nur ohne Mord.

Es ist 1929 und der junge R. T. Baxter jobbt als Schlafwagendiener in Zügen, um sich von dem Geld sein Studium finanzieren zu können. Erzählt wird die eigentlich nur viertägige Fahrt quer durch Kanada von Montreal nach Vancouver. Als Leser:in begleitet man Baxter bei seiner Arbeit, die als vollkommen selbstverständlich angesehen wird, ohne dass man ihn aber sieht, ihn, den jungen und aufmerksamen Mann, der seinen Namen und seine Homosexualität verstecken muss. Er bereitet die Betten vor, bringt dies und das, informiert, begleitet, hofiert und hört zu, ohne jedoch selbst in den Fokus zu geraten. Von oben herab behandelt ist er dennoch in die geheimen Dramen und Geheimnisse hinter den Kabinentüren eingeweiht.

Es ist eine spannende Welt, in die uns Suzette Mayr zu entführen vermag. Der Erzählstil ist wahrlich beeindruckend, denn sie spielt mit Wiederholungen und schreibt und formuliert ganz wunderbar. Mal schildert sie minutiös die immer gleiche Arbeit in den Zugabteilen, während der Zug langsam dahingleitet. Dann wieder sind es rasche Begegnungen und kurzweilige Beobachtungen der Personen, die während der schnellen Fahrt angeführt werden. Es ist diese erzählerische Leichtigkeit, die dieses optisch und haptisch ansprechende Buch zu einem wahren Lesegenuss machen.

Eure Anja