„Der lange Schatten“ von Celia Fremlin

Das Buch in einem Satz: Neu-Witwe Imogen möchte den Tod ihres Mannes verarbeiten, aber die Familie belagert das Haus und ein Anrufer beschuldigt sie des Mordes.
 
Lesenswert, weil Imogen selbst herrlich komisch das Geplänkel im Haus kommentiert.
 
Für alle, die gute Sprache, eine Prise Humor und ein klassisches Krimi-Setting mögen.
 
Gute Textstelle: „Auf ihre unterschiedlichen Arten – und mit dem nötigen Blick auf die eigenen Interessen – meinten sie es alle gut mit ihr. (S.70)
 
Es gibt Dinge, da kommt man nur durch gute Bücher drauf, etwa den niemals laut ausgesprochenen Wettstreit zwischen Witwen, wer am deutlichsten, am überzeugendsten, am längsten und überhaupt am sichtbarsten Trauer trägt. Nun ja, zumindest in diesem Roman ist das eine Disziplin, in der sich die neue Witwe Imogen mit ihrer Nachbarin messen muss – und das auf wirklich unterhaltsame Art und Weise.
 
Imogens Ehemann Ivor, in der Welt der Wissenschaft (und vor allem in seiner eigenen Welt) eine Koryphäe auf seinem Gebiet, stirbt bei einem Autounfall. Plötzlich allein, muss Imogen erst einmal realisieren, dass sie nun im Haus einfach mal aus dem Fenster starren kann, ohne dass jemand sie fragt, was sie denn hätte oder ob etwas mit ihr sei. Aber viel Zeit zum Sich-Selbst-Wiederfinden hat sie nicht, denn eine Witwe kann man anscheinend mit ihrer Trauer nicht allein lassen. Wie in einem Theaterstück ziehen nun kurzerhand der Sohn mit Freundin, die Tochter mit Mann und Kindern und -weil es so schön ist – auch noch die Exfrau von Ivor zu Imogen ins Haus. Und als ob damit das Chaos, die vermeintliche Hilfe und die unangenehmen Situationen noch nicht genug sind, wird Imogen von einem anonymen Anrufer beschuldigt, ihren Mann ermordet zu haben, wofür es wohl auch Beweise gäbe.
 
Ich habe dieses wunderschöne Buch sehr genossen und musste auch immer wieder lachen oder schmunzeln – und das bei einem Krimi! Die Auflösung ist stimmig und gut durchdacht und bis man dort ist, ist es einfach ein Riesenspaß mit Imogen die Familie, die es ja nur gut mit ihr meint, zu ertragen.
Viel Vergnügen mit diesem schnuckeligen Krimi.
 
Eure Anja